Im Schneckentempo

07.08.2013 14:43

 

Seit Wochen geht mir ein Thema nicht aus dem Kopf, über das ich eigentlich schon längst schreiben wollte.

Und zwar über Schnecken.

Genauer gesagt über die Helix pomatia, der ich jeden Tag hier im Auwald begegne.

 

Keine Angst, das wird jetzt kein neuer Aktualisierungs -Eintrag für Wikipedia ;)

 

Nachdem heute mein Dog Sammy (Zufall? = Gibt es nicht!) über ein Schnecken-Hochhaus „gestolpert“ war (ich habe dem ausgehebelten und auf dem Dach zum Liegen gekommenen Schnecki sofort 1. Hilfe geleistet und das Tierchen ganz laaaangsam wieder in Bauchlage gebracht und an gewünschter Stelle im Gebüsch abgesetzt)… war das ein Wink mit dem Zaunspfahl und ich wage mich jetzt endlich an das Thema heran.

 

Dazu muss ich kurz ausschweifen und euch erzählen, dass ich schon als Kind immer (aus Sicht meiner Eltern und Erzieher) komische Fragen stellte. Ich fand mich selbst ziemlich dumm.

 

Dabei wollte ich doch nur wissen, ob eine  Eintagsfliege wirklich nur einen Tag lebt und ob für das Mini-Fliegchen dieses kurze Leben überhaupt einen Sinn macht. Kann es in so einer kurzen Zeit glücklich sein? Ist das nicht unklug von der Natur?…

Ich war da im Kindergartenalter.

Oder ich hab meine Mutter gefragt, warum meine Schwester hübscher sei als ich kleine Brillenschlange und Stotterin und warum sie mich (deshalb?) nicht im vorigen Jahr mit in den Urlaub genommen haben. Meine hübsche Schwester durfte da mit.

 

Als etwas älteres Kind habe ich dann gefragt, was „Unendlichkeit“ bedeutet… unendliches Weltall…

An die Antwort meiner Mutter kann ich mich noch sehr gut erinnern: „Wenn das Weltall zu Ende ist, also da am Ende, da ist wie ein Zaun. Dann ist da Schluss. Dann kommt da nichts mehr dahinter.“ Diese Antwort hat mich nicht befriedigt.

Ich hab dann gesagt:“ Na wenn dann da ein Zaun ist, dann ist doch hinter dieser Grenze noch was, sonst gäbe es ja keinen Zaun.“ Ich habe dann zu meiner Mutter als Teeny immer gesagt: „Unendlichkeit ist für mich wie eine Ellipse, du kannst laufen und laufen und laufen und kommst nie wirklich an.“

Darauf hin sagte dann meine Mutter immer: „ Das wäre ja wie… wenn hinter dem Zaun immer wieder ein Zaun kommen würde. Einmal muss dann Schluss sein. Höre mir bloß auf mit diesen dummen Gedanken, sonst werde ich noch verrückt!“

Dann hab ich nicht mehr gefragt. So.

Befriedigende Antworten habe ich also nie erhalten. Damals.

 

Derweil ich also zuhause bei meiner Oma bleiben und tagsüber in den Kindergarten gehen musste, war ich trotzdem glücklich. Mein Opa war Bauer und Schäfer und hat mich ab und zu mit auf die Weide genommen. Kleine Lämmchen, der Geruch fettiger Schafswolle und Wiesenpilze, folgsame Herden-Hunde, deren Hundebabies und immer wieder diese herrliche NATUR!

DAS WAR und IST mein Leben.

 

Zuhause waren wir 4 Geschwister und ich empfand mich schon immer irgendwie nicht passend in dieser Familie, dieser Welt.

Ich legte mich auch oft ins Gras auf einer nahen Dorfwiese, während ich kleine Entenbabies hütete und träumte mich mit den Wolken fort in andere Welten.

Nun gut, welches Kind tut das nicht. Und wer kennt nicht dieses Wolkenkuckucksheim ;)

Und zwischendurch naschte ich an der hellen Wolkenwatte, die für mich zu einhundert Prozent aus Zuckerwatte bestand.

Nun gut, jedenfalls so lange, bis mir die Schul-Physik was anderes „erklärte“.

Meine Liebe zu den Wolken ist aber geblieben. Ich fotografiere sie noch heute und kann stundenlang träumen…

So, Schluss jetzt mit der Träumerei, ich wollte was von Schnecken schreiben!

 

Im November vorigen Jahres hörte ich das erste Mal das Wort „entschleunigen“… im Hospiz.

Seit dem verfolgt mich dieses Lebens-„Motto“ auf Schritt und Tritt.

Langsam sein ist das neue Schnell.

Die Natur macht´ s uns vor. Die Schnecke zieht ihre Bahnen. Völlig unbeeindruckt von aller Hektik bewegt sie sich vorwärts und kommt (fast immer) an ihrem Ziel an, wo das auch immer sei.

Ob auf ebener Erde. Auf einem hohen Grashalm, auf ´nem Baum… sie vollführt die tollsten Kunststücke und scheint die Schwerkraft außer „kraft“ zu setzen, um sie herum zu kriechen.

Und der Schleim der Schnecken hinterlässt ein herrliches Funkeln, wenn die Morgensonne darauf scheint. Wusstet ihr das?

 

Schnecken sind die wahren Kletter- und Lebenskünstler unter uns.

 

Wir sollten uns ein Beispiel an ihnen und unserer herrlich klugen und dazu noch wunderschönen  Natur nehmen ♥